Donnerstag, 30. Januar 2025

Vorbereitungen für den großen Markt

Zwei Tage nach der Audienz. Trotz der Ermittlungen wegen der mysteriösen Brandstellen, des rätselhaften Sandes und vor allem des unerwarteten Auftauchens der Dämonin Nichneven ließ mich all dies nicht los. Die Fragen häuften sich, und mein Kopf schien sich in einem Gewirr aus Vermutungen und Befürchtungen zu verheddern. Doch es gab eine willkommene Abwechslung – der Markt stand bevor, und zwischen all den Vorbereitungen bot sich mir endlich die Gelegenheit, den Kopf etwas frei zu bekommen.


Susi, die Schamanin, hatte mich beim Zusammenzimmern meines Standes überrascht, und ich fragte sie ganz erschrocken, ob ich zu spät dran sei. Doch sie versicherte mir, dass der große Markt erst in der nächsten Woche stattfinden würde. „Puh...“



Während ich meinen Marktstand weiter errichtete, erlaubte sich Susi einen kleinen Scherz: „Ich machte schon Witze, ob eure Sachen unsichtbar sind.“ Ich lachte und entgegnete grinsend: „Genau, unsichtbar. Diebstahlschutz.“ Immerhin, bei Magiern weiß man ja nie.



Letzte Vorbereitungen


Der geplante Markt rückte immer näher. Während ich meinen Stand mit meinen besten Waren bestückte, kamen Canidio und die Kommandantin Anna vorbei, um sich ein Bild über die Fortschritte zu machen. „Eine Ratte gefällig?“ fragte ich mit einem breiten Grinsen, während ich eine auf dem Grill drehte. Canidio schüttelte angewidert den Kopf. „Nein, danke. Danach ist mir bestimmt nicht.“

Kommandantin Anna sah sich derweil um, bewunderte einige Marktstände und nickte anerkennend. „Das wird sich gut verkaufen.“ Dann fiel ihr Blick auf meinen Stand. Neugierig trat sie näher. „Das sieht schön aus.“ „Ja, ich biete eine breite Auswahl an“, erklärte ich mit einem Lächeln. „Aber das hier ist das Beste – gegrillte Ratte!“. Ihr Blick wanderte zu meinem Grill, und ihr Gesicht verzog sich skeptisch. „Rattenfleisch … ich weiß ja nicht.“

Ich winkte ab und grinste schelmisch. „Ich habe ein Bild, auf dem die Herzogin Ratte isst! Das werde ich hier aufhängen! steht dann drunter: Empfohlen von der Herzogin!“ fügte ich stolz hinzu​.



Anna hob eine Braue. „Also, ich weiß nicht, ob Herzogin Jil das haben will...“ Canidio sah mich entgeistert an. „Vielleicht solltest du zuerst die Herzogin fragen... nun ja, vielleicht kommt YohShi ja vorbei.“ Ich zuckte unbekümmert mit den Schultern. „Na, wir werden es ja sehen. Immerhin, Sir Levi isst auch gern Ratte.“. Canidio murmelte leise: „Ihr und euer Fleisch...“



Anna hatte eine Idee. Sie wollte die Versuchskaninchen – äh, Verkoster – raten lassen, was sie da gerade gegessen hatten. Als Belohnung sollte es eine Woche Klopapier umsonst geben​. Ich verschränkte die Arme und überlegte laut: „Fleisch erraten? Ich weiß nicht so recht...Ich lachte: „Nein, ich sage ganz offen, was es ist. Wer probieren will, probiert – und wer nicht, der nicht.“

„Mit Rätselspiel probieren sie es bestimmt!“ warf Anna ein. Canidio kicherte und meinte trocken: „Ihr müsst nur den Schwanz und den Kopf entfernen, dann merkt es niemand.“ Die Kommandantin grinste: „Und wer es richtig errät, bekommt eine Woche lang kostenloses Klopapier!“



Ich zeigte auf Canidio. „Dann musst du aber das Fleisch anpreisen!“ Canidio riss die Hände hoch und fuchtelte abwehrend herum. „Bei Rattenfleisch bekomme ich das sicher nicht hin!“ Anna kicherte und schlug vor: „Dann stell es doch einfach in der Taverne neben das andere Fleisch!“ ch lehnte mich zurück und lachte. „Lucius wird mich bis zur Pirateninsel jagen, wenn ich das mache!“​ Meine Frau kicherte: „Dann werde ich ihm zeigen, was eine Bratpfanne noch so alles kann!“​

Die berühmtesten Waren

Natürlich durfte die wichtigste Ware nicht fehlen: die Wischrollen!


Seit dem Herbst vor drei Jahren hatte ich eine geniale Methode entwickelt, um das bunte Laub zu feinstem Papier zu pressen – eine Errungenschaft, die die Hygiene auf den Aborten der Stadt erheblich verbessert hatte. Inzwischen war das Sortiment auf eine beachtliche Anzahl angewachsen. Es gab Wischrollen mit Kräuterduft oder Blumenduft.



Es gab Papier, das im Dunkeln Licht spendete, und Chilipapier, das den Hintern wärmen sollte – oder besser gesagt, einige hatten sich damit bereits den Hintern verbrannt.

Ich hob eine meiner besonderen Erfindungen in die Höhe und präsentierte sie stolz: „Hier... leuchtende Wischrollen ohne Nebenwirkungen! Keiner pinkelt blau!“​ Anna lachte. „Das wird sich gut verkaufen.“

 
Canidio betrachtete mich misstrauisch und deutete auf mich. „Und wie ist es mit dem roten?“​ Ein Seitenhieb auf die brennende Wahrheit, dass meine Kreationen auch für unerwartet unliebsame Erfahrungen gesorgt hatten.



Dafür fand ein anderes Papier besonderen Anklang: Das Zwitscherpapier! Beim Wischen gepresst, piepste und tirilierte es fröhlich vor sich hin. Eine Neuerung, die der Herzogin so gut gefiel, dass sie mich glatt zum königlichen Hoflieferanten ernannte. Ich erinnere mich noch genau!


„Der Lokusmagier...“ murmelte Nichneven spöttisch. „Wie erquickend... für jeden Sch... hust zu haben.“ Jil Cuttita hob amüsiert die Brauen. „Ich bin mir sicher, dies wird dem stillen Örtchen ein ganz neues Ambiente geben.“ Ich nickte stolz. „Ja, ich werde auch noch eine Zwitscherrolle mit Duft anfertigen... aber die herrlich weichen Zwitscherrollen sind die erste Anfertigung.“



Die Herzogin überlegte kurz, bevor sie verkündete: „Wir sind tief beeindruckt von Eurer kreativen Papierschöpfung. Wir ernennen Euch daher zum königlichen Hoflieferanten für Abortpapiere jeder Art. Diesen Titel darf niemand außer Euch führen, und niemand außer Euch darf den Hof zukünftig mit Schei...papier beliefern.“. Ich riss die Augen auf. „Welch eine Ehre!“ rief ich begeistert. Jules, die Hafenmeisterin, schüttelte den Kopf und murmelte: „Ganz schön anrüchiges Geschäft.“



Königlicher Hoflieferant für Abortpapiere – das ist doch mal ein Titel. Vielleicht sollte ich das in goldenen Lettern über mein Atelier hängen?

Aber kommen wir zum eigentlichen Thema zurück ...

Das Maskottchen des Standes

Neben den Waren für den täglichen Gebrauch hatten wir auch eine ganz besondere Attraktion: eine Alraune. Ich hob die Glashaube an und präsentierte sie stolz: „Darf ich den Star dieses Standes vorstellen?“



Anna erstarrte. „Oje...“.  Canidio wurde blass und begann zu taumeln. „Meine Ohren... du weißt, dass ich ihr Geschrei nicht hören kann... auch wenn wir sie öfters brauchen.“ Ich deutete mit einem schelmischen Grinsen auf den Marmeladenstand. „Da sind Möhren, um sie als Schutz in die Ohren zu stecken!“ Doch Canidio atmete schwer und schüttelte den Kopf. „Das ist schon zu spät... du hättest mich auch warnen können, mein Herz.“​



Ich grinste und tat so, als wolle ich den Deckel erneut anheben. „Nochmal? Zur Eingewöhnung?“ Canidio ballte die Faust und fixierte mich mit warnendem Blick. „Wehe dir... lass ja den Deckel drauf!“
Ich hob beschwichtigend die Hände und lachte. „Ja, ja, schon gut!“ Canidio atmete erleichtert auf. „Ich danke dir, mein Herz. Zum Glück vertraue ich Anna... so wie ich dir vertraue.“



Ich grinste schelmisch. „Mir darf man nicht trauen! Ich habe öfter Schabernack im Sinn.“ Canidio grinste ebenso. „Ach, nicht nur du... ich bin auch nicht besser. Von dem her...“ Sie wurde kurz leiser, und ein ernster Unterton schlich sich in ihre Stimme. „Doch sollte man mich nicht ärgern... oder meine Freunde bedrohen.“ Mit einem Schmunzeln ließ ich den Deckel endgültig an seinem Platz. Ein weiteres Mal wollte ich Canidios Geduld lieber nicht auf die Probe stellen.



Mittwoch, 29. Januar 2025

Immer Ärger mit Nichneven ...

Nach der Audienz verweilten Canidio, Sir Levi und ich noch im Thronsaal. Während die letzten Gäste sich verabschiedeten, holte Leviathan nachdenklich ein weißes Tuch hervor, das mit Knoten versehen war. „Was muss ich noch tun...“ murmelte er, während er die Knoten studierte.


Ich konnte mir eine Bemerkung nicht verkneifen: „Ihr solltet vielleicht ein Täfelchen mit Wachs benutzen – oder wenigstens ein Etikett anbringen.“ Doch Leviathan winkte ab. „Die Knoten reichen völlig. Ich weiß genau, wofür jeder steht. Naja... fast.“


Nach einigen weiteren Vorschlägen, von Armbändern bis zu Büchern, seufzte ich schließlich. „Wenn Euch das reicht, macht es so, wie Ihr wollt.“

Doch bald wandte sich unser Gespräch den drängenderen Themen zu. „Und was glaubt Ihr, hat dieser Quatsch mit dem Sand und den Brandspuren zu bedeuten?“ fragte ich Levi direkt. „Sonst beachtet die Waldhüterin nicht mal die Kotzhaufen neben der Taverne... aber wegen ein bisschen Sand und Ruß macht sie so einen Aufriss?“


Levi runzelte die Stirn. „Habt Ihr das nicht mitbekommen? Angeblich soll eine schwarzgekleidete Gestalt aus einem Feuerring gestiegen sein.“ Ich starrte ihn an. „Nichneven war da... ja. Aber das eine muss doch nicht immer unbedingt mit ihr zu tun haben.“ Und mit einem leicht sarkastischen Ton fügte ich hinzu: „Ich sage nur: TAVERNE!“


Canidio murmelte leise: „Nichneven...“ Leviathan nickte nachdenklich. „Der Sand wäre interessant. Ich frage mich, woher er stammt.“, „Na, dann sollten wir wohl mal eine Probe nehmen... oder nicht?“ fragte ich. „Gewiss, mein werter Freund,“ erwiderte Leviathan.

Der Gildemeister schien in Gedanken vertieft: „Ich habe einen Verdacht.“ Ich hob eine Augenbraue: „Aha... und der wäre? Uns ärgern?“ Sir Leviathan senkte seine Stimme, als wolle er verhindern, dass jemand lauscht. „Ich glaube, dass die... äh... Göre einen neuen Versuch startet. Ich glaube, ich habe sie aufgescheucht.“


Canidio, die das Gespräch schweigend verfolgt hatte, seufzte hörbar und schüttelte kaum merklich den Kopf. Ich hingegen ließ meinen Unmut freien Lauf: „Mit so billigen Mitteln? Die, die fast die ganze Welt zerstört hätte? Die hat es drauf, ganz Carima zu zerstören... und macht sooo was?“

Leviathan sprach leise, als hätte er Angst, dass die Worte eine weitere Katastrophe herbeirufen könnten: „Werter Elyion, der Brandfleck ist wahrscheinlich vom... Höllenfeuer.“


Ich runzelte die Stirn und fragte nachdenklich: „Und warum dann mitten in der Stadt?“ Leviathan zuckte hilflos mit den Schultern: „Ja, warum, das weiß ich auch nicht.“ Mit einem Mal ballte die Fäuste und murmelte vor mich hin: „Ich werde einen Antrag beim Höllenfürsten stellen, dass er dieses Weib entmachtet.“ Meine Stimme war kaum zu hören, doch Leviathan schien mich verstanden zu haben.

Leise fügte ich hinzu: „Ich habe schon einmal eines der mächtigsten Wesen dieser Welt entmachtet... aber das hat mich jeden letzten Nerv gekostet... inklusive meiner Jugend.“ Meine Stimme sank fast zu einem Flüstern, als ich die Worte hervorzischte.

Jugend geopfert um die Welt zu retten ...

Leviathan runzelte die Stirn und meinte: „Das wäre fatal. Dieses Wesen wird Euch am Ende auch noch das letzte Alter rauben... dann bleibt nur noch Euer Hut übrig.“ Ich schnaubte ungläubig. „Also ehrlich gesagt, sollte so ein Wesen überhaupt nicht Zutritt zur Menschenwelt haben! Meiner Meinung nach!“ Leviathan nickte langsam: „Hat sie aber. Und sie war heute mal wieder frecherweise einfach so im Saal. Und wer konnte es verhindern?“


„Ja, ich nicht,“ gab ich zu und fügte hinzu: „Wenn ich das riskiere, dann...“ Leviathan sah sich im Raum um, bevor er seufzend feststellte: „Seht Ihr, keiner von uns. Sie verführt Leute in der Liegenschaft Angmoor... Und an Avalon und an die anderen Dinge brauch ich Euch ja nicht zu erinnern.“



Ich seufzte tief. „Ich werde einen Weg finden... früher oder später.“ Meine Stimme wurde leiser, als ich hinzufügte: „Aber nach meiner Heilung von sämtlichen Flüchen kann ich nicht mehr alles entriegeln...“  Was jedoch geschähe, wenn das magische Siegel fiele... darüber wagte ich nicht einmal nachzudenken. Ich hielt inne, legte betroffen die Hand an mein Gesicht und sprach nicht weiter.

Die versiegelte Kraft

Leviathan brach das Schweigen. „Ich kann mich ja opfern,“ sagte er mit einer ernsten Miene. Ich schnaubte und sah ihn mit einem herausfordernden Blick an. „Pfff... dann rette ich Euch nicht mehr! Das hat mir genug Nerven gekostet...“, raunte ich zurück.  Sir Levi dachte laut nach: „Das braucht Ihr dann auch nicht mehr. Die Frage ist, ob sie dann nicht einfach weitermacht.“ Ich hob den Finger, als hätte ich eine Erleuchtung. „Es gibt da noch was!“ begann ich, bevor ich zögernd abwinkte. „Ach... ähm... nein... lieber doch nicht. Vergesst es... war nur so ein blöder Gedanke.“


Leviathan verzog das Gesicht, während er leise hinzufügte: „Wenn sie mich bekommt, könnt Ihr nichts mehr retten. Und wer weiß, was sie mit mir anstellt...“ Er stockte kurz, dann sprach er weiter: „Nein, das geht auf keinen Fall. Nicht auszudenken, wenn sie mich...“ Doch er hielt inne und sprach den Gedanken nicht zu Ende.

Ich hingegen betrachtete Levi mit einem durchdringenden Blick und ließ meine Worte mit einem Hauch von Boshaftigkeit in der Luft hängen: „Ich könnte Euch ja...“ Canidio schnaufte vor Wut und sprach mit Nachdruck: „Ihr beide werdet nicht euer Leben allein riskieren. Weder du, Levi, noch du, Ely... wir könnten uns zusammentun... zu dritt müssten wir es schaffen, sie zu besiegen.“



Leviathan nickte. „Ja, wir müssen es wie immer machen. Nur zu dritt können wir sie zurückdrängen.“ Ich sah die beiden entgeistert an. „Vergesst es... zu dritt... das ist zu wenig!“ Der Gildemeister bemerkte meinen Blick und murmelte tief: „Jaa... ich hätte einen schönen Ort für sie. Allerdings bleibt sie meistens nicht lange dort.“ Canidio entgegnete ernst: „Und allein erst recht nicht! Also wirst du nicht gegen sie alleine vorgehen...“ Leviathan nickte und fügte hinzu: „Denkt an den zerflossenen Hafen, werter Freund. Das war knapp.“

Gefangen in Nichnevens Welt, zuvor waren wir noch am Hafen ...

Ich knurrte, während die Worte in mir nachklangen. Leviathan sprach weiter: „Sie ist mächtig, und sie spielt gerne. Allerdings sind ihre Spiele nicht wirklich lustig.“ Nach einem Moment des Schweigens nickte ich. „Gut, wir untersuchen also erst mal diese Stellen... und dann sehen wir weiter.“ Ich hielt inne und murmelte dann: „Ich muss ehrlich gesagt ins Bett. Mein Körper ist auch nicht mehr das, was er mal war.“

Leviathan nickte zustimmend. „Wenn der Sand aus dem Wüstenteil von Angoor ist...“ Ich unterbrach ihn: „Ich bring Euch eine Probe mit.“


Leviathan verneigte sich leicht. „Ich danke Euch.“ Er hielt inne und fügte hinzu: „Auch ja, ich habe etwas gefunden... einen Eingang.“ Ich hob den Kopf und meinte abschließend: „Das berichtet uns demnächst...“. Leviathan nickte. „Gewiss.“ Canidio verabschiedete sich höflich: „Gute Nacht, werter Sir Levi. Habt einen erholsamen Schlaf.“ Leviathan antwortete mit einem leichten Lächeln: „Sichere Wege... und seid wie immer vorsichtig.“



Ich nickte nur und wandte mich um zum Gehen. Ohne weitere Worte verließ ich den Thronsaal, um nicht weiter an alles Üble zu denken, was an diesem Tag geschehen war.

Merkwürdige Brandspuren, ein neuer Dichter und der Fleckentferner - Audienz Anfang Mai


Der große Saal des Schlosses in Carima war erfüllt von einer Vielzahl an Stimmen, als ich den Saal betrat. Die Anwesenden hatten sich bereits versammelt, und die Luft war schwer vom Duft der Waldhüterin – ein Hauch von Maiglöckchen –, den sie mit reichlich Enthusiasmus verbreitete.


Die Atmosphäre war geprägt von einer Mischung aus höfischem Ernst und lebhafter Neugierde. Herzogin Jil eröffnete die Audienz mit gewohnter Würde: „Bürger und Freunde von Carima, ich heiße Euch willkommen.“ Ihre Stimme hallte durch den Saal, und alle Gespräche verstummten.

Als Jungfer Blue aufgerufen wurde, trat sie mit einer Mischung aus Stolz und Entschlossenheit vor. „Also Hoheit, im Wald ist alles in Ordnung, wie immer natürlich... aber...“ begann sie und hielt inne, um den Blick der Anwesenden auf sich zu ziehen.


„Manchmal bin ich ja zufällig in der Stadt, und da hat mir ein Matrose eine merkwürdige Beobachtung gemeldet. Er hat nachts vor der Taverne einen komischen Brandfleck entdeckt und eine Sandspur auf dem Pflaster.


Dann sah er einen Trunkenbold in voller Panik aus dem gewissen Örtchen neben der Taverne schreiend zum Hafen rennen, und eine dunkle Gestalt verschwand in der Dunkelheit!“


Die Herzogin runzelte die Stirn und überlegte laut: „Hat jemand versucht, den Abort anzuzünden? Was könnte das denn nur sein?“


Ihre Aufmerksamkeit richtete sich dann auf mich. „Ein erneuter missglückter Versuch unseres Magus?“ fragte sie mit einem Hauch von Ironie.


„Was... ich?“ protestierte ich, hob beide Hände und versuchte mich zu verteidigen. „Ich hab nichts gemacht!“ Ihre Hoheit Jil ließ jedoch nicht locker: „Magus... Ihr habt die Ausführungen der Jungfer gehört? Ich frage mich, könnte dies eine weitere Folge Eurer Papierrollen sein?“


Gerade als ich eine passende Antwort formulieren wollte, spürte ich eine seltsame Präsenz. Nichneven, diese gefährliche Nichte des Höllenfürsten, hatte ihren durchdringenden Blick auf mich gerichtet. Ein kalter Schauer durchlief mich, und mein Verstand verwirrte sich.

„Oh... ähm... Verzeihung! Die Bohnen,“ stammelte ich, als sich ein unkontrollierter Furz aus meiner misslichen Lage löste. Hastig wedelte ich mit meinem Hut, um die Situation zu retten. Die Reaktionen der Anwesenden ließen jedoch nicht lange auf sich warten.


„Noch ein Duft, aber keine Maiglöckchen,“ bemerkte Schamanin Susi  trocken, während Frekya hustete. Sir Yerk hielt sich demonstrativ die Nase zu und murmelte: „Bohaa... was für ein...“

Nichneven beobachtete die Szene mit einem unschuldigen Blick, der mich jedoch keineswegs täuschen konnte. Ich wandte mich an sie und fragte mit gesenkter Stimme: „Na... wieder so ein Streich von Euch?“ Nichneven funkelte mich nur an.


Sir Levi, der die Lage offenbar entschärfen wollte, drehte sich um und zischte: „PSCHT!“ Ich lehnte mich zu Levi hinüber und raunte leise: „Kann man die nicht in die Eiswüste schicken?“


Levi nickte kaum merklich und flüsterte zurück: „Ich arbeite daran...“. Nichneven schien die Anspannung zu genießen. „Ah ha...“ war alles, was ihr über die Lippen kam, während sie uns mit ihrem fiesen Blick musterte.



Der Neuzugang

Nach diesem Zwischenfall rief die Herzogin einen Gast in die Mitte des Saals. „Ah, sieh an, ein neues Gesicht.“


Der Mann trat vor und stellte sich höflich vor: „Mein Name ist Yerk Walde... mich ereilte der gute Ruf von Carima... so bin ich denn schweren Herzens gewandert... aber mit Freude hier angekommen. Ich danke auch den Hoheiten, dass ich im Lemondhouse untergekommen bin.“


Er hielt kurz inne, bevor er fortfuhr: „Damit ihr ein wenig von mir erfahrt... ich beschäftige mich mit den philosophischen Zaradustra und seinen Göttern.“


Die Herzogin nickte anerkennend. „So, so... ein Dichter und Denker also.“ Sir Yerk lächelte bescheiden und sprach weiter: „Meine Fähigkeiten liegen im Wort, welches zum Ohr kommt... und wenn die Reife eines Schülers zum Hören bereit ist, werden auch die Worte kommen, die ihn mit Weisheit füllen. Hoheit... in der Mehrzahl liegt mein Handeln im Tun... was immer ihr wünscht.“

Sir Lennard, der aufmerksam zugehört hatte, rieb sich die Hände und nickte zustimmend. „Sehr gut...“ Die Herzogin klatschte begeistert in die Hände. „Eine Lesung, wie in den guten alten Zeiten, das wäre in der Tat fein!“


Nichneven hingegen murmelte leise, mit einem schelmischen Lächeln: „So jemanden könnte man als Folterknecht einsetzen... Tod durch Geschwätz... hm!“ Yerk zog sich daraufhin höflich zurück, und die Herzogin bemerkte: „Wir sind schon gespannt, was wir aus diesem Munde noch hören werden.“



Das Teppich-Debakel

Die Audienz im großen Saal des Schlosses zu Carima nahm eine unerwartete Wendung, als die Herzogin Jil mich erneut aufrief. „Magus,“ begann sie mit einem durchdringenden Blick, „was habt Ihr auf dem Herzen?“



Mit einem kurzen Blick in Richtung Jungfer Blue, räusperte ich mich und sprach: „Ihr hattet doch vorhin bei der Waldhüterin die Frage gestellt, warum der Grünpinkler sich nicht mehr blicken ließ... ähm, ich meine, die Frage gestellt.“

Ich hielt kurz inne, bevor ich feierlich fortfuhr: „Nun, daran trage wohl ich die Schuld! Ich habe diesem Scharlatan den Kampf angesagt und ein Mittel entwickelt, das gegen diese Farbe unverzüglich hilft!“


Dabei schnellte mein Zeigefinger in die Höhe, und ich gestikulierte wild in Richtung der Decke.


Die Herzogin hob eine Augenbraue. „Also ein Gegenmittel?“ fragte sie skeptisch. Mit Nachdruck zog ich eine Flasche aus meinem Gürtel hervor und erklärte: „Das hier ist die herkömmliche Farbe! Wenn ich das mal kurz demonstrieren dürfte...“ Ohne weitere Vorwarnung öffnete ich die Flasche und kippte den Inhalt direkt auf den edlen Teppich des Audienzsaals.


„Pühhh!“ rief die Herzogin entrüstet. „Jetzt kippt der Magus seine Pinkel hier auf den Teppich!“, „Das ist keine Pinkelei!“ protestierte ich hastig. „Das ist nur Farbe mit Wasser!“



Ich griff zur nächsten Flasche. „Und dies, Hoheit, ist das Gegenmittel. Es wird die Farbe sofort beseitigen... also fast... es dauert einen kleinen Moment!“ Mit diesen Worten propfte ich die Flasche auf und schüttete das Gegenmittel auf die Farbe. „Oh hoffentlich geht das gut...“ murmelte Kommandantin Anna.


Langsam begann die Farbe zu verblassen, doch an ihrer Stelle tauchte ein blauer Fleck auf. „Ah... da... es wird blau! Es wirkt!“ rief ich triumphierend.


„Na großartig, nun haben wir blaue Flecken!“ bemerkte die Herzogin trocken. Luba vom Turm murmelte leise: „Das ist ein echter Persianer...“



Mit einem Mal war ein großes Loch im herzöglichen Läufer! Aber das war zum Glück nicht echt. Die Flüssigkeit hatte die Teppichfasern mit unsichtbar gemacht ...


Ich atmete tief durch, während ich versuchte, die Situation zu retten und mit einer Handbewegung den Teppich in seinen ursprünglichen Zustand zurückversetzte: „Also auf dem Straßenpflaster hat das immer gut funktioniert.“

Die Herzogin warf mir einen prüfenden Blick zu. „Also Magus... darum sehen wir keine Bilder mehr auf den Gassen?“ fragte sie. „Ja, Hoheit,“ antwortete ich eilig. „Ich habe höchsteigenspersönlichselbst die Bilder entfernt!“


Die Audienz endete schließlich mit den Worten der Herzogin: „Sehr bedauerlich, dass der Übeltäter noch auf freiem Fuß ist. Aber ich vertraue darauf, Magus, dass Ihr diese Sache klärt!“


Mit einem tiefen Seufzer verneigte ich mich und steckte die Flasche peinlich berührt zurück in meinen Gürtel. „Natürlich, Eure Hoheit... ich werde nicht kampflos aufgeben.“


Als ich mich schnell zurückzog, hörte ich Sir Lennard murmeln: „Naja, wenn das Zeug wirkt, dann bleibt wenigstens der Marktplatz sauber... und wir blamieren uns nicht beim Markt.“

Audienz mitten im Mai

Die große Halle war erfüllt von gedämpften Gesprächen und dem leisen Scharren von Stiefeln auf dem Marmorboden. Wie an jedem Sonntagabend ve...