Der Markt war nun in vollem Gange, und die Stände lockten mit den merkwürdigsten Angeboten. Es gab nichts, was es nicht gab – von Kräuterblättern, die sowohl als Tee als auch als Toilettenpapier taugten, über seltsame Spiegel, die das eigene Abbild so realistisch zeigten, als könne man ihm die Hand reichen, bis hin zu geistreichen Getränken, die nach einem Schluck zum Feuerspeien brachten.
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Arrrggglllll!!! |
In einer Ecke leuchtete ein Herz – das Herz eines Drachen, wie die Händlerin erzählte. Ein Artefakt voller Magie, das Geschenk eines besonderen Drachen.
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Das Herz des Drachen |
Daneben gab es ein schimmerndes Licht, das sich an Gesichter heftete und sie im Dunkeln zum Leuchten brachte – ein Hauch zwischen Magie und Spuk.
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Voll ausgeleuchtete Schönheit – auch im Dunkeln! |
An einem anderen Stand schwammen Meerestiere in Behältern, funkelten gruselige Insekten in gläsernen Kästen, und Frösche schienen auf ihren königlichen Kuss zu warten.
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Mehr Viecher als Bewohner in Carima ... |
Jeder Stand hatte so seine exotischen Dinge Manche davon konnten sogar schreien.
Manche Waren ließen die Besucher staunen, andere wiederum sorgten für skeptische Blicke oder unterdrücktes Kichern. Und dann gab es noch die kulinarischen Spezialitäten, die nicht jeder freiwillig kosten wollte...
Von duftenden Blättern und zwitschernden Rollen
Atalia
betrachtete die kunstvoll aufgeschichteten Blätter mit einem
schmunzelnden Ausdruck. „Welch schönes Toilettenpapier,“ bemerkte sie
begeistert. Sie beugte sich ein wenig vor und raunte mit
verschwörerischem Ton: „Fast zu schade, um es zu verwenden...“ Ich
verschränkte die Arme und nickte stolz. „Ja... meine eigene Erfindung.
Sie entstand aus der Not heraus. An einem Herbst wussten wir nicht wohin
mit dem ganzen Laub, und ich habe es dann zu Wischblättern gepresst,“
erklärte ich und deutete auf die ersten Kreationen. „Jedenfalls liefen
die Wischblätter so gut, dass die Palette nun beachtlich gewachsen ist.“
Atalia
ließ ihren Blick über die vielfältige Auswahl gleiten und lächelte
Canidio und mich anerkennend an. „Euer Stand ist auch so interessant...
hier geben sich wirklich alle sehr viel Mühe.“ Ich zeigte auf eine
besonders kunstvoll verzierte Reihe von Blättern. „Also ich kann die
Kräuterwischblätter sehr empfehlen. Die könnte man auch zum Kochen
verwenden oder einfach als Duftspender. Aber die Herzogin hat mir
verboten, sie als Kochblätter anzupreisen.“ Ich raunte ihr grinsend zu:
„Man kann sogar Tee damit aufbrühen.“
Atalia lachte leise und
griff sich ein paar der Blätter. „Dann probiere ich sie gerne mal aus.“
Sie drückte mir ein paar Taler in die Hand. Ich verneigte mich leicht.
„Danke sehr!“ Während Atalia ihr neues „Papier“ verstaute, ließ sie
ihren Blick über die Steine zu ihren Füßen gleiten. „Ich bin ja wirklich
gespannt, ob wir den jemals finden... diesen Künstler der grünen
Gemälde.“
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Die Worte der Wahrsagerin bewahrheiten sich: Drohende Unwetter über Carima! Gemalt vom Pinkelchronisten |
Ich ließ den Blick über den Boden schweifen und wandte
mich dann wieder meiner Präsentation zu. „Und diese hier,“ fuhr ich
fort und deutete auf die Ecke mit kleinen, sorgfältig gestapelten
Rollen, „lassen einem das Herz leichter werden.“ Ich grinste schelmisch.
„Wenn man sich damit den äh... Allerwertesten abwischt, wird das Papier
so gedrückt, dass die Luft aus den Kammern herausgepresst wird und es
wie Vogelgezwitscher klingt.“ Demonstrativ drückte ich eine der Rollen
zusammen – und ein fröhliches „Tiriliii“ erklang.
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Zwitscher, zwitscher ...tirilieee! |
Atalia
schmunzelte und nahm schließlich Abschied. „Ich danke euch, liebe
Canidio und werter Magier... ich sehe mich mal weiter um.“ Mit einem
freundlichen Lächeln schlenderte sie weiter in Richtung Schmied.
Kaum war die Elfe fort, machten die Amazonen an meinem Stand Halt. Kerstin betrachtete die Auslage mit kritischem Blick und neigte sich zu Susi. „Die haben hier viele bunte Pülverchen und Trockensachen in einer Kiste, Susi.“ Frekya ließ ihren Blick über die fein säuberlich geordneten Gläser und Bündel schweifen und nickte anerkennend. „Ohhh, das sind aber schöne Sachen.“
Ich verschränkte die Arme und erklärte mit einem stolzen Grinsen: „Das sind verschiedene Gewürze aus dem Orient, aber auch einheimische. Dazu getrocknete Kräuter und Blüten gegen verschiedene Wehwehchen.“ Neugierig glitten Frekyas Finger über einen Totenschädel, der inmitten der Auslage thronte. Sie strich mit leichtem Schmunzeln über dessen kühle, glatte Oberfläche.
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Getöpfertes Kunstwerk |
Susi musterte die Kräuter und schlug vor: „Wir können später unsere Pulver und Kräuter tauschen.“ Kerstin nickte zustimmend. „Müsst eh mal wieder den Vorrat im Sanctum auffüllen, Susi.“ Ich beugte mich leicht vor und raunte mit einem schelmischen Lächeln: „Aber ich muss hinzufügen, dass die Schädel getöpfert sind. Keine echten. Sonst würde die Kommandantin Ärger machen.“
Erschrocken riss Frekya die Augen auf. „Oh... oups.“ Susi sah mich ernst an. „Ohh, dürfen wir keine echten Körperteile verkaufen?“ Seufzend schüttelte ich den Kopf. „Also ich jedenfalls nicht. Ich bin Bewohner von Carima. Das könnte für mich Ärger bedeuten.“
Frekya verschränkte die Arme und grinste. „Unsere sind echt... teilweise noch ein Servies meiner nordischen Oma.“ Susi seufzte und beugte sich zu Frekya hinüber. „Frekya, wir dürfen nichts Echtes verkaufen. Sag einfach, es wären auch nachgemachte Sachen bei uns.“ flüsterte sie eindringlich.
Ratten am Spieß oder lieber gegrilltes Schwein?
Die Abendluft war erfüllt von köstlichen Düften, doch eine subtile Rivalität lag über dem Markt. Als in der Taverne ein verlockendes Spanferkel gebraten wurde, drehte ich meine ganz eigenen Spezialitäten an kleinen Spießen – saftige, goldbraun geröstete Ratten.
Mit einem breiten Grinsen wandte ich mich an Anna. „Oh... wollt Ihr auch ein Stück Fleisch, Lady Anna? Der Herzogin hat es sehr geschmeckt.“ Doch sie schüttelte energisch den Kopf. „Nee, Sir Elyion.“ Kerstin lachte. „Oh, Wanderratten am Spieß für YohShi!“
Ich deutete einladend auf meinen Grill. „Na... werte Hofdame... wollt Ihr auch mal probieren?“ Sie nahm einen Spieß entgegen und hielt ihn der Schamanennvizin Spießchen entgegen. „Hier, probier mal. Ist lecker!“ Frekya betrachtete das Fleisch skeptisch, ihre Miene verriet wenig Begeisterung. „Ähm...“ Canidio schmunzelte und bemerkte trocken: „Es schmeckt sicher gut... Elyion hat sie selbst gebraten.“
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Mmmmmh, lecker! |
Ich ließ mir die Gelegenheit nicht entgehen. „Ratten sind wie Früchte, ein Geschenk der Erde. Und so vielfältig zubereitbar... Ihr könnt sie am Spieß braten, backen, auf den Grill tun, rösten...“ Mit schelmischem Grinsen fuhr ich fort: „...sautieren, gratinieren, pochieren, bräsieren, panieren, blanchieren, haschieren, pürieren, passieren, flambieren, tranchieren, filetieren, arrangieren, verzieren, garnieren, aufs Brot schmieren...“ Kerstin lachte. „Und roh verdrücken wie YohShi!“
Ich hob mahnend den Finger. „Kastrieren... äh, ich meine kandieren! Das andere hält nur die Population klein. Man kann sie auch konservieren, einfrieren... für den späteren Verzehr.“ Anna hob die Hände. „Ich glaube, wir haben es verstanden, Sir Elyion.“
Doch ich war noch nicht fertig. „Es gibt Ratte mit Möhren, mit Bohnen, Erbsen, Kohlrabi, Ratte in Kohl gewickelt, Pfefferratte, Rattensuppe, Ratteneintopf, Rattensalat, Ratte mit Erdäpfeln, Ratte zwischen Brotscheiben, Ratte auf Brotscheiben, unter Brotscheiben... Das war’s, glaube ich.“ Ich atmete tief durch und grinste zufrieden. „Aber wie gesagt, sehr lecker!“
Nicht alle Marktbesucher waren von meinem kulinarischen Angebot überzeugt. Die Waldhüterin drehte sich abrupt um und marschierte in Richtung der Taverne. „Ich hätte gerne ein gegrilltes Schwein.“ Lucius, der Wirt, grinste breit. „Ein ganzes?“. „Ich hatte noch kein Abendessen.“ erklärte sie und setzte sich mit knurrendem Magen an einen der Tische.
Yerk, der Wirtsgehilfe, ließ sich die Gelegenheit nicht entgehen die Werbetrommel zu rühren: „Werte Damen... wir haben gutes Essen... frisch zubereitet und sicher lecker.“ Ich winkte dem Gildemeister Levi zu. „Sir Levi, alter Freund! Hier gibt’s Häppchen am Spieß! Nur für Euch!“ Leviathan, bereits von den verlockenden Düften angelockt, musterte meine Auslage mit Kennermiene. „Hmm... aha... oh... mmm...“ Ich hielt ihm einen Spieß entgegen. „Na... riecht das nicht lecker?“
Ohne zu zögern schnappte sich Levi die Ratte und biss herzhaft hinein. „Jaaa, das ist gut!“ rief er begeistert. „Mein werter Freund Elyion, Ihr wisst, wie man die richtig gut zubereitet.“ Ich lachte zufrieden. „Wir haben auch noch Quitte-Kohl-Marmelade... die schmeckt sogar zu gegrillter Ratte obendrauf!“
Als die Waldhüterin eine weitere Portion Haxe bestellte, ließ ich meinen Blick über den Markt schweifen. Ob ich den Wettstreit gegen das gegrillte Schwein gewann? Das mochte noch offen bleiben – aber zumindest hatte ich Sir Levi als treuen Stammkunden gewonnen.
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