Freitag, 5. Juni 2020

Eine Münze für mich, eine Münze für dich!


Die Herzogin war wieder da! Jules fragte flüsternd die Kommandantin: „Wo war sie denn überhaupt?“, „Auf Reisen war sie.“, antwortete Anna. Die Hafenmeisterin nickte nur, obwohl sie mit dieser Information auch nicht mehr anzufangen wusste.

Ich war selbst ganz überrascht, dass die Herzogin wieder zugegen war. Wir hatten viel zu lange nichts mehr von ihr gehört. Sie berichtete von den steinigen Wegen, die sie mit der Kutsche zu bewältigen hatte und dass sie sich kaum eine Pause gegönnt hatte. Luba wusste wohl mehr von dem Ziel ihrer Reise, dass sie eine Stadt mit einer berühmten Kirche mit den zwei Türmen besucht hatte und dort viele Menschen gerettet hat.




Jules wollte gern noch wissen, ob die Bolognesen auf der Herzogins Geheiß zu uns kämen, aber Hoheit Jil machte daraus ein Geheimnis. Darauf verabschiedete sich die Waldhüterin und ihre Majestät gab ihr noch den Rat, sich im Walde zu bedecken. Das sorgte natürlich für allgemeines Amüsieren.



Ich hüstelte etwas, das wurde natürlich wieder falsch interpretiert und ich musste zugeben, dass mich ein Gedanke bezüglich der Jungfer belustigt hatte. Jules nahm das als Aufhänger und brummte mir zu: „... und wir sind auch noch nicht quitt. Mir tut der Rücken immer noch weh.“ Oha, da sah man es wieder, wie Streiche doch nach hinten losgehen können!

„Da kann ich die Spezialmischung der Jungfer empfehlen.“, gab ich grinsend zurück und zog den Kopf ein. Zum Glück sprang sie darauf an und äußerte sich ziemlich derb über Blues Heilmittel.



Jules Dreki: Puhh. Neee Blue panscht sicher die seltsamsten Sachen zusammen. Koboldspucke und Schmetterlingespisse. Ehh hmm oder war es anders rum? *runzelt die Stirn*
Elyion Arai: Warmer Eselsmist. Aber wirkt wahre Wunder! *Zeigefinger in der Luft kreist*
Jules Dreki: *rümpft dieNnase* Das ja fast noch schlimmer
Jil Cuttita: Das ist der Jungfer Allheilmittel

Jules Dreki: *schüttelt den Kopf* nein nein das ist mir zu seltsam, ich nehme lieber ein warmes Bad.


Canidio und Tali verstärkten die Runde, derweil verabschiedete sich Luba, um die Nachtwache auf ihrem Leuchtturm zu beginnen. Ich erkundigte mich unterdessen, ob die Reisenden aus Bologna schon eingetroffen seien. Aber Jules machte nur eine bissige Bemerkung, ob ich herausfinden wolle, wie mein Kunstwerk bei den Besuchern ankommen würde. Daraus schloss ich mal, dass sie noch auf Reisen waren und zuckte nur mit den Schultern.



Anna wechselte schnell das Thema und erzählte, dass Lady Jules zur neuen Hafenmeisterin vom Prinzen persönlich ernannt worden war. Die Herzogin nickte, doch Jules stand plötzlich ganz erschrocken da und knetete mit ihren Fingern herum. Sie hatte doch nichts zu verbergen?

„Dies hat mir Primus schon berichtet. Er hat mir treu über alles Raport erteilt.“, erzählte Lady Jil und die Kommandantin nickte zufrieden. Canidio fand es beruhigend zu wissen, dass die Herzogin immer über alles informiert war.

„Nun ihr tretet in große Fusstapfen, Lady Jules.“, begann Jil ihre Rede. „Ich hoffe, ihr erweist euch als fähig. Die Depeschen waren sehr spannend, muss ich sagen. Manchmal sogar etwas zu spannend.“, fügte sie hinzu.


Jules lächelte die Herzogin verlegen an und stotterte etwas herum: „Naja Johns Stiefel sind nicht sehr..... ehhh nein. Achherje, ihr meint doch nicht etwa den verschwundenen Sir Leviathan?“ Die Herzogin winkte ab. Das waren wohl die falschen Namen gewesen. Canidio meinte noch amüsiert: „Wenn sie nichts sagen soll, plappert Jules einfach drauf los.“

Die kleine Lady zog schnell den Kopf zwischen die Schultern und man sah ihr an, dass sie bei Jils Reaktion schon ziemliches Hosenflattern bekam. „Ich spreche von Lady Luba, die mir dieses Amt treu und redlich geführet hat.“, sagte die Herzogin in einem sehr ernsten Tonfall. Da gab es also noch jemand, der gern in Fettnäpfchen trat. Irgendwie hatte ich auch ein bisschen Mitleid mit ihr, aber mein innerliches Grinsen überwog dabei.
 

Die neue Amtsinhaberin wurde plötzlich ganz blass und nickte: „Und ich werde mein Bestes geben, meine Tasche zu füll.. eh das Staatsäckel zu füllen. Hab ja keinen Turm nebenbei.“ Ein schiefes Grinsen huschte ihr dabei übers Gesicht. Ei, Ei ... das war Fettnäpfchen Nr. Zwei.

Canidio verschränkte die Arme und beäugte Jules prüfend. Ihr Majestät, Lady Jil hatte fast den gleichen Blick aufgesetzt. Man konnte richtig dabei zusehen, wie der neuen Hafenmeisterin die Schweißperlen über die Stirn huschten. Canidio grinste in sich hinein und fragte ganz scheinheilig: „Ist euch warm, Jules?“ Die Herzogin blieb eingefroren in ihrer Mimik: „Wir werden Euch im Auge behalten, Lady Jules. Seid Euch dessen versichert!“, dabei ging ihr Stimme mit jedem Wort etwas höher.


Jules tupfte sich mit einem Ärmel die Stirn ab. Ja, mit der Herzogin war wirklich nicht gut Kirschen essen und Canidio legte immer noch mehr Salz in die Wunde. Die Hafenmeisterin verbeugte sich nur und murmelte: „Gewiss Majestät.“

„Seltsam, Jules schwitzt wohl sehr leicht.“, kommentierte Canidio noch die angespannte Lage, als würde sie nicht wissen, was dahintersteckte. Lady Tali versuchte sich, währenddessen die Herzogin Jules in der Mangel hatte, auf alles einen Reim zu machen. Das war natürlich nicht leicht, wenn man die Hintergründe nicht kannte. Ich genoss einfach nur das Schauspiel.

Jil nickte knapp, meinte dann: „Wir sind schon sehr gespannt.“ Anna fügte noch hinzu: „Es ist nicht einfach Hafemeister zu sein.“ Die Herzogin erklärte ernst, dass die Kommandantin, sie über alles auf dem Laufenden halten würde und dass sie ihr vollstes Vertrauen genoss. Jules gab der Kommandantin recht und merkte an, es sähe nicht gut aus, wenn man nur einen Beutel mit einsamen Goldmünzen als Steuer überreichen könne.


Wegen der Angst vor der Drachenschlange kämen immer weniger Schiffe mit immer kleineren Ladungen an. „Was soll man machen, Majestät?“, seufzte Jules etwas theatralisch. Man merkte unterschwellig, dass sie etwas anderes im Sinn hatte. Anna und Canidio teilten ihre Besorgnis. Aber die Herzogin durchschaute die wahren Absichten und konstatierte: „Nun das könnt Ihr dann sicher alles belegen. Aber das überlasse ich der Komandantin. Sie hat große Erfahrung in diesen Dingen.“ Canidio nickte und attestiere die rechnerischen Fähigkeiten der Kommandantin, die Jules mit Sicherheit eine Hilfe sein könnten.

Jules überlegte kurz und für einen Moment erhellte sich ihre Gesicht. Mit Sir Levis Belegen würde sie sich aus dem Schlamassel befreien. „Aye eure Majestät. Das ist natürlich möglich. Ich führe ja genauestens Buch.“, erwiderte sie überzeugt. Anna bestätigte, dass sie sich gern die Bücher ansehen würde und Jules versprach alles für den morgigen Tag vorzubereiten. „Tut das besonders gründlich,  Anna!“, flüsterte Jil noch. Die Kommandantin tuschelte leise zurück: „Aber naturlich, Herzogin.“



Die Kommandantin erzählte stolz, dass sie selbst die Schiffe ab und an kontrolliere und auch oft ein zweites Mal nachprüfte, um jegliche Fehler zu vermeiden. Jules schien sich ihrer Sache sehr sicher zu sein. Mit breitem Lächeln und kurzer Verneigung erklärte sie: „Ohh tut das nur. Ihr werdet alles in bester Ordnung vorfinden!“ Anna lobte sie und ich empfahl der Hafenmeisterin noch sich den Abakus von Luba auszuleihen. Aber Jules traute dieser Gerätschaft wohl nicht und mit verzogener Miene verdeutlichte sie, dass sie lieber beim Kopfrechnen bleiben wolle.



Dann machte sie sich schnell vom Acker mit der Begründung, sie müsse alles vorbereiten für den nächsten Tag. Ich vermutete eher sie wollte eine kleine Krisensitzung mit Mithrandier abhalten. Ich konnte mir einen kleinen Scherz nicht verkneifen, als Jules bereits weg war: „Das macht man ganz einfach. Man legt die Münzen als Blume hin und dann fängt man an abzuzählen: Eine Münze für mich, eine für Primus, eine Münze für mich ...“



Mit einem Schmunzeln gestikulierte ich den Zählvorgang und bekam plötzlich Canidios Ellenbogen in die Seite! „Das sollte sie besser nicht machen!“, kommentierte Canido meine Bemerkung. Anna gab noch zu, dass sie davor ziemliche Angst hätte. „Lassen wir uns überraschen.“, resümierte die Herzogin noch zu diesem Thema. Danach gingen dann alle in ihr wohlverdientes Bett.

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